Zellbasierte Nahrung – Fischstäbchen aus der Petrischale?
Zellbasierte Nahrung – Fischstäbchen aus der Petrischale?

Zellbasierte Nahrung – Fischstäbchen aus der Petrischale?

Überfischung ist ein immer wieder in den Medien kursierendes Thema. Jährlich werden schätzungsweise 11-26 Millionen Tonnen Fisch illegal gefangen. Nun scheint die Lösung so nah wie noch nie: Fisch stammend aus Zellkulturen. Nur was bedeutet das genau?

Aus dem Gewebe eines lebenden Fisches werden Stammzellen entnommen und in einer Petrischale vermehrt. Sie entwickeln sich zu Muskelzellen und von dort aus weiter zu Muskelfasern. Dadurch entsteht die bekannte Struktur eines Stück Fisches. Momentan wird die entstandene Masse zu zum Beispiel Fischbällchen oder Nuggets gepresst, da das Erreichen einer dreidimensionalen Form nur mit Hilfe eines Gerüstes gebildet werden kann, welches wiederum essbar sein sollte, um den Aufwand eines erneuten Entfernens zu verringern.
Die Struktur und Konsistenz des „Fisches“ ist aufgrund der weiteren Verarbeitung durch Braten oder Backen sehr wichtig und wird immer weiter entwickelt.

Doch bis das Produkt auch in Europa auf den Markt kommt, müssen einige Hürden überwunden werden. Aktuell haben die Produkte des Unternehmens „Bluu Seafood“ das Genehmigungserfahren erreicht. Bluu Seafood rechnet mit einer ersten Zulassung und Markteinführung in Singapur bis Ende 2023, da der Zulassungsprozess dort bereits am weitesten vorangeschritten ist. Darüber hinaus wird das Lübecker Unternehmen die Zulassung in den USA, in Großbritannien und in der EU beantragen.

Noch müssen für die Produktion Tiere sterben. So wird für die Kultivierung der Zellen ein aus fetalem Kälberserum bestehender Stoff genutzt, für dessen Gewinnung ungeborene Kälber sterben müssen. Weiterhin wird an kostengünstigen Alternativen geforscht. Auch ein Ausbau der Produktionsanlagen wäre nötig, um nicht nur eine Belieferung von einzelnen Restaurants, sondern auch von Supermärkten gewährleisten zu können.

Um das Produkt überhaupt vermarkten zu können, muss zuerst eine durch die EU getätigte Zulassung erfolgen. Dafür müssen viele verschiedene Daten geliefert werden. Um den Prozess zu beschleunigen, arbeiten Unternehmen schon früh mit den Behörden zusammen, um möglichst schnell alle benötigten Daten beisammen zu haben und ihr Produkt auf den Markt bringen zu können.

Der wohl stärkste Faktor ist die Akzeptanz von Seiten der Bevölkerung. Allgemein herrscht noch eine große Unsicherheit unter den Verbrauchern. Viele stellen sich die Frage von gesundheitlichen Folgen und befürchten eine immer weiter wachsende kulinarische Entfremdung des Menschen von der Natur. In einem sind sich aber viele einig: der Staat sollte weiterhin Strategien zur Reduktion des Fleischkonsums unterstützen, Alternativen fördern und zu einer Lösung beitragen.

Die Vor- und Nachteile von zellbasierter Nahrung
procontra
– Aufzucht und Schlachtung der Tiere
– Entlastung der Meere
– nur einmalige Entnahme der Stammzellen
– frei von Gentechnik, Antibiotika, Mikroplastik, Umweltgiften
– bedarfsgerechte Produktion, keine Lebensmittelverschwendung
– leichte Anreicherung von Nährstoffen
– großes wirtschaftliches Potenzial für Deutschland
– ohne die Nutzung von Kälberserum vegetarisch
– Energieverbrauch
– keine natürliche Nahrung
– höhere Kosten
– geringer Entwicklungsstand
– nach aktuellem Stand weder vegan noch vegetarisch

Titelbild: pixabay.com