Fleischkonsum, Palmölplantagen und gigantische Sojafelder fressen sich Tag für Tag tiefer in das Herz des tropischen Regenwalds – oft, um billige Tierfuttermittel und Exportprodukte für den globalen Norden zu liefern. Was einst ein artenreicher, feuchter Urwald war, verwandelt sich in zerstückelte Landschaften aus Viehweiden, Monokulturen und ausgetrockneten Böden, die immer stärker einer Savanne ähneln. Wenn Entwaldung, Brandrodung und klimaschädliche Wirtschaftsweisen ungebremst weitergehen, steht nicht nur das „grüne Herz“ unseres Planeten auf dem Spiel, sondern auch das Klima, von dem unsere eigene Zukunft abhängt.
Vom 10. bis zum 21. November fand in der brasilianischen Stadt Bélem die Weltklimakonferenz statt, um Themen wie dieses zu diskutieren und auf Lösungen zu kommen. Die Weltklimakonferenz ist ein jährliches Zusammentreffen von fast 200 Staaten, welche Teil der Vereinigten Nationen sind. Das Treffen soll dazu dienen, gemeinsam über Handlungsschritte zu diskutieren und so Maßnahmen zum Schutz der Umwelt und gegen den Klimawandel zu beschließen. Das große Ziel, 2015 im Rahmen des Pariser Klimaabkommens beschlossen: die Erwärmung der Erde verlangsamen und zwar auf 1,5 Grad Celsius. Die erste UN-Klimakonferenz fand 1995 in Berlin statt, wobei dieser bereits Zusammenkünfte von Wissenschaftlern zuvorgekommen sind, wie 1979 in Genf.
Hauptthemen der Weltklimakonferenz 2025
Neben Themen wie der Energiewende, also der Reduktion fossiler Brennstoffe, Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft, Schutz der Biodiversität der Ozeane und der Anpassung an unvermeidbare Klimaänderungen und soziale Gerechtigkeit, steht vor allem der Schutz der Tropenwälder im Vordergrund. Eine Förderung in jedem dieser Bereiche soll dazu beitragen, die Klimaziele des Pariser Abkommens umzusetzen und die Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad zu begrenzen.
Schutz der tropischen Regenwälder
Durch eine erst neu veröffentlichte Studie wird die Bedeutung des Regenwaldes erneut deutlich: Ein Eingriff in die Biodiversität des Regenwaldes hat Einfluss auf das Weltklima. Dabei spricht man auch von einem Kippelement.
Von einem Kippelement wird gesprochen, wenn ein Teil des Erdsystems, der plötzlich und unumkehrbar aufgrund von zu starker Belastung kippt. Dessen Auswirkungen können also weder rückgängig noch gestoppt werden.
Verdeutlicht ist dieser Kipppunkt z.B. beim Amazonasregenwald erreicht, wenn 20%-25% abgeholzt sind. Ab diesem Punkt kann sich der Amazonas nicht mehr selbst stabilisieren und würde sich unumkehrbar von einem Regenwald in eine trockene Savanne verwandeln, was drastische Folgen für Klima und Menschen mit sich ziehen würde. Wissenschaftler gehen mittlerweile davon aus, dass der Amazonas bereits im Jahr 2050 seinen Kipppunkt erreichen könnte.
Das System des Regenwaldes erklärt:
Als tropischer Regenwald werden Wälder bezeichnet, die in den feuchten Tropen liegen, also in der warmen Klimazone rund um den Äquator. Er zeichnet sich durch ständige Wärme und sehr hohen Niederschlag aus. Jahreszeiten sind hier kaum ausgeprägt und die Vegetation ist immergrün, mehrschichtig und weist eine extrem hohe biologische Vielfalt auf.
Ein Regenwald arbeitet in einem geschlossenen System, er bildet also ein eigenes Ökosystem, in dem Pflanzen, Tiere, Bodenorganismen und das Klima eng miteinander gekoppelt sind und sich gegenseitig stabilisieren. Zwar kommt die Energie durch die Sonne von außen, aber die meisten Stoffe zirkulieren innerhalb des Systems in Kreisläufen.
Der Boden des Regenwaldes ist sehr nährstoffreich. Er besteht aus lebender Biomasse wie zum Beispiel Blätter, Stämme und Wurzeln. Abgestorbene Blätter und Pflanzenteile werden von Pilzen und auf dem Boden lebenden Organismen extrem schnell zersetzt. Die dabei entstehenden Nährstoffe können daraufhin direkt vom dichten und oberflächennahen Wurzelgeflecht aufgenommen werden. So entsteht ein fast geschlossener Nährstoffkreislauf, wobei nur geringe Verluste zu verzeichnen sind.
Ein zweiter Kreislauf entsteht durch den hohen Niederschlag, der in den Regenwäldern fällt. Durch die hohen Temperaturen und die viele Blattfläche verdunsten die Bäume große Mengen an Wasserdampf, welcher in die Atmosphäre gelangt und dann wieder als Regen fällt.
Daraus folgt, dass ein großer Teil des Regens in den inneren Tropen aus eigener Verdunstung stammt. Der Wald erzeugt also einen großen Teil seines eigenen Niederschlags. Zusätzlich profitieren die feuchten Böden von dem geschlossenen Baumkronendach, wodurch direkte Sonneneinstrahlung reduziert wird, dadurch die Luftfeuchtigkeit hochgehalten und der Boden vor Auswaschung geschützt wird.
Ganz vollständig geschlossen ist das System allerdings nicht: Es gibt immer Verluste, etwa durch Auswaschung, Flüsse oder Windtransport von Staub und Asche. Wird der Wald nun großflächig gerodet, so wie es in vielen Gebieten Südamerikas, aber auch auf der ganzen Welt der Fall ist, brechen diese Kreisläufe zusammen.
Folgen der Rodung des Regenwaldes:
Über acht Millionen verschiedene Arten sind in tropischen Regenwäldern zuhause. Durch die wachsende Zahl der Rodungen verlieren sie immer größere Teile ihres Lebensraums. Das wohl erschreckendste Beispiel ist das der Orang-Utans: Orang-Utans, heute ausschließlich beheimatet in Südostasien auf den Inseln Borneo und Sumatra, sind extrem durch Rodungen beeinflusst. Sie gelten als akut vom Aussterben bedroht. Heute wird die Population auf rund 54.000 Tiere weltweit geschätzt. Verglichen mit einem Bestand von 288.500 im Jahr 1973 bedeutet das ein Rückgang von 80% in weniger als 50 Jahren.
Orang-Utans sind auf große, zusammenhängende Waldgebiete angewiesen. Sie verbringen fast ihr ganzes Leben in den Baumkronen. Durch die Rodungen wird also ihr Lebensraum zerstört, der Wald zerschnitten, sodass sich die Tiere nicht mehr frei bewegen können und das Nahrungsangebot reduziert wird. Die Folge ist, dass viele Orang-Utans verhungern, verletzt oder von Menschen verfolgt und getötet werden.
Außerdem stellt der Regenwald einen der wichtigsten CO₂-Speicher der Welt dar. Eine Reduzierung der Bäume bedeutet weniger Fotosynthese und weniger Fotosynthese bedeutet weniger Speicherung von CO₂ und Freisetzung von Sauerstoff. Die Folge: mehr CO₂ in der Atmosphäre. Da CO₂ ein Treibhausgas ist, also Wärme in der Erdatmosphäre speichert, führt eine höhere Konzentration an CO₂ in der Atmosphäre zu einer stärkeren Erderwärmung. Dies ist unter anderem durch häufige Hitzewellen, Dürren und Überschwemmungen sowie das Schmelzen der Gletscher und daraus folgend dem Anstieg des Meeresspiegels spürbar. Weniger Bäume bedeutet also mehr CO₂ in der Luft und folglich die Verstärkung des Klimawandels.
Doch warum finden diese Rodungen überhaupt statt, wenn doch eigentlich jedem die Schwere der Auswirkungen bewusst sein sollte?
Gründe der Rodung
Wie so vieles in der Welt, erfolgt auch die Rodung vor allem aus wirtschaftlichen Gründen. Dabei spielt die Landwirtschaft in Form von Plantagenanbau, Viehzucht und Sojaanbau wohl die entscheidendste Rolle. Der Regenwald wird als „unwichtige“, einfach verfügbare Fläche angesehen. Durch schnelle und kostengünstige Brandrodung wird Platz für Palmölplantagen, Weidefläche oder Sojaanbauflächen gemacht. Dabei wird auf die Nachfrage des Weltmarkts eingegangen. Der Fleischkonsum und Palmölkonsum (unter anderem in Nutella) der ganzen Welt muss befriedigt werden.
Auch die Rohstoffgewinnung, also der Verkauf von Tropenholz oder auch der Bergbau, sind entscheidende Faktoren, die zur Rodung beitragen.
Nicht zuletzt beeinflussen aber auch für uns alltägliche und selbstverständliche Prozesse wie der Bau von Straßen, Wohngebieten und Staudämmen den eigentlich unberührten Regenwald und sorgen für einen folgenschweren Eingriff in die Natur.
Ein weiteres Thema ist die politische Lage in Südamerika. Dabei ist die Entwaldung vor allem in Brasilien extrem durch politische Interessen gesteuert. Je nachdem, ob eine umweltfreundliche Regierung oder aber eine wirtschaftsorientierte Regierung an der Macht ist, werden stärkere Kontrollen durchgeführt oder aber die Umweltauflagen gelockert. Unter Präsident Lula konnte ein starker Rückgang der Entwaldung ab 2003 verzeichnet werden. Dazu führten unter anderem eine bessere Überwachung, die Stärkung der Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteuren, die Bildung von Schutzgebieten und Verpflichtungen für Unternehmen, sich mehr für die Umwelt einzusetzen. Doch durch die ab 2019 berufene Amtszeit des nun ehemaligen Präsidenten Bolsonaro fand ein starker Anstieg der Rodung statt. Hier standen ökonomische Ziele im Vordergrund, weshalb illegale Abholzung und Bergbau nicht strafrechtlich verfolgt wurden, Regelungen für Schutzgebiete gelockert wurden und die Landwirtschaft sowie Infrastruktur extreme Förderungen erhielten.
Seit 2023 ist nun wieder Lula da Silva Präsident Brasiliens und hat versprochen, sich mehr für den Schutz der Regenwälder einzusetzen – jetzt schon sichtbar an abnehmender Entwaldung.
Entscheidungen im Rahmen der Weltklimakonferenz
Zentrales Ergebnis, den Kampf für den Regenwald betreffend, ist die Einrichtung der „Tropical Forest Forever Facility“ (TFFF), eines neuen Finanzierungsmechanismus, der tropische Wälder dauerhaft schützen soll. Staaten mit großen Regenwäldern sollen für den Erhalt oder die Ausweitung ihrer Waldflächen direkt bezahlt werden; bislang wurden dafür bereits Zusagen von mehr als 5,5 Milliarden US-Dollar sowie weitere mittelfristige Aufstockungen angekündigt. Deutschland beteiligt sich dabei mit einer Milliarde Euro.
Der Fonds zielt darauf, Entwaldung und Walddegradation bis 2030 zu stoppen und langfristig umzukehren, im Sinne von Artikel 5 des Pariser Abkommens, der den Schutz natürlicher Kohlenstoffsenken wie Wälder betont. Neben öffentlichen Geldern sollen auch private Investoren eingebunden werden, um verlässliche und langfristige Zahlungen für Waldschutz, nachhaltige Nutzung und die Stärkung indigener und lokaler Gemeinschaften zu sichern.
Weitere Waldschutz-Beschlüsse: Ergänzend wurden politische Erklärungen wie die „Belém Call to Action for the Congo Basin Forests“ unterzeichnet, in der sich die beteiligten Staaten verpflichten, Entwaldung im Kongobecken bis 2030 zu stoppen und die Trends umzukehren. Zudem erneuerten zahlreiche Länder frühere Zusagen aus Glasgow (COP26), Entwaldung bis 2030 zu beenden, und knüpften daran neue Finanzierungszusagen für Wald- und Landrechte indigener Gruppen.
Umweltorganisationen kritisieren, dass der Waldschutz in den formalen COP30-Beschlüssen nur abgeschwächt vorkommt und viele Maßnahmen freiwillig bleiben, ohne klare Sanktionsmechanismen bei Nichteinhaltung. Auch wurde bemängelt, dass trotz neuer Gelder noch immer kein weltweit verbindlicher, detaillierter Umsetzungsplan existiert, um die global vereinbarte Entwaldungs-Deadline 2030 tatsächlich einzuhalten.
Der Schutz der tropischen Regenwälder bleibt auch nach der Weltklimakonferenz 2025 ein Prüfstein für die Glaubwürdigkeit der internationalen Klimapolitik. Die Einrichtung neuer Finanzinstrumente und Fonds zugunsten tropischer Wälder ist ein wichtiges Signal, weil sie erstmals in größerem Umfang dauerhafte Zahlungen für Erhalt statt Abholzung in Aussicht stellt. Gleichzeitig zeigt der Blick auf die Beschlüsse, dass zwischen politischen Versprechen und verbindlicher Umsetzung weiterhin eine deutliche Lücke klafft, etwa durch fehlende klare Sanktionsmechanismen und konkrete Fahrpläne gegen Entwaldung.
Für eine wirklich wirksame Regenwaldpolitik entscheidet sich in den kommenden Jahren, ob die zugesagten Mittel tatsächlich zuverlässig fließen, ob sie an überprüfbare Ziele wie Entwaldungsstopp und Schutz indigener Gebiete geknüpft werden und ob sie soziale Gerechtigkeit vor Ort stärken. Nur wenn Staaten, Unternehmen und Finanzakteure ihre Zusagen in nachvollziehbares Handeln übersetzen, kann der tropische Regenwald langfristig als unersetzliche Kohlenstoffsenke, Lebensraum und Lebensgrundlage für Millionen Menschen und Tiere erhalten bleiben.
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